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1. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 400

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
400 der Reis immer gut gerät. Er pflegt und düngt und bewässert ihn aber auch mit großartigem Fleiß, mit gewissenhaftester Sorgfalt und nach allen Regeln der Landwirtschaft. Fleisch darf er eigentlich gar nicht essen, wenigstens nicht, wenn er Buddhist ist, und das sind immerhin die meisten. Der glaubt an Seelenwanderung. Wenn er also irgend ein Tier tötet, so muß er immer denken, daß er die Seele seiner Großmutter oder seines Urgroßvaters, die in dem Tiere gewohnt haben könnte, obdachlos macht. — Japanische Arbeiter habe ich kaum etwas anderes essen sehen als ihre Schüssel Reis. Einst machte ich mit einigen deutschen Damen und Herren einen Ausflug nach den berühmten Stromschnellen von Araschiyama. Stundenlang trabte der Jinrickschakuli, der mich fuhr, in seiner Schere. Als wir an- kamen, Pakten die Damen ihre Körbe aus, und wir aßen Fleisch, Wurst, Käse, Eier, Butterbrot, wir, die wir im Wagen gesessen hatten, aber die den Wagen gezogen hatten, kochten sich eine Schüssel Reis und trabten dann, neu gestärkt, den Weg wieder zurück, zwar magere, aber sehnige, kräftige Gestalten. Schon damals dachte ich, wenn so ein Mann mit seinen braunen, muskulösen Beinen vor mir herlief, daß so einer einen guten Soldaten abgeben müsse. Es ist ja auch klar, daß ein so leicht sich ernährender Mann sich trefflich zum Feldsoldaten eignet. Im Felde ist ja die Ernährungsfrage so überaus wichtig. Auch der tapferste Soldat ist nur ein halber Held, wenn er nur halb satt zu essen bekommen hat. Da der Japaner mit Reis zufrieden ist, Reis und Tee, so hat es die Verpflegungsbehörde leicht, ihn satt zu machen. Wie einfach ist anch der Reis zuzubereiten, wie einfach zu essen! Ein Messer ist unnötig, eine Gabel ebenfalls. Zwei dünne Holzstäbchen, ähnlich den hölzernen Wollstricknadeln, genügen. Es muß freilich das Essen mit ihnen gelernt sein. Es ist zwar nicht so schwer, wie man denken sollte, aber auch nicht so. einfach, wie es ans den ersten Blick aussieht. Auch hier macht nur Übung den Meister. Wir hatten acht japanische Seeoffiziere zur Ausbildung an Bord gehabt, daher hatte uns der Mikado (Kaiser) zu einem feierlichen Essen eingeladen. Das war damals eine große Seltenheit und hohe Auszeichnung. Wenn wir aber von dem Reis uns mit Hilfe der Stäbchen hätten sättigen müssen, dann wäre Schmalhans Küchenmeister gewesen. Ich erinnere mich noch deutlich des halb unterdrückten, verwunderten Lächelns der Dienerinnen, die nicht begreifen konnten, wie ungeschickt wir uns mit den Stäbchen anstellten. Zum Glück hatte aber der Mikado ein Einsehen gehabt und uns vorher ein glänzendes Essen nach europäischer Art anrichten lassen. Das japanische kam nur der Wissenschaft wegen. 4. Sehr anspruchslos sind auch die Japaner in bezug auf die Wohnung. Die Häuser sind meistens nur aus Holz und Papier; sie brennen leicht ab, sind aber auch bald wieder aufgebaut. Eines Tages brannte es in Tokio. Wie gewöhnlich brannten etliche tausend Häuser ab.

2. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 401

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
401 Das hätte ich gern gesehen. Aber in derselben Woche konnte ich nicht abkommen, und als ich in der nächsten Woche hinaufkam, da waren die Häuser schon sämtlich wieder aufgebaut. Besser gestellte Leute sollen sich einfach stets ein neues Haus in voraus bereithalten, damit sie, wenn's brennt, nicht lange obdachlos sind. Eigentlich genügt der ganzen Familie ein Raum. Höchstens daß er durch Papierwäude etwas abgeteilt ist. Tische, Stühle, Sofas, Betten, Schränke und dergleichen gibt's nicht. Man arbeitet, ißt, schläft, plaudert auf den mattenbelegten Fußboden sitzend oder liegend. Trotzdem es im Winter kalt ist, gibt es keine Ofen. Man zieht sich einfach wärmer an und wärmt sich die Hände an einem Kessel mit feurigen Kohlen, um dessen gesellige Wärme sich die Hausbewohner sammeln. 5. Auch an die Kleidung machen die Japaner keine großen An- sprüche. Es ist freilich höchst bedauerlich, daß neuerdings die europäische Tracht mehr und mehr in Aufnahme kommt. Aber die Mode ist überall in der Welt eine beinahe unwiderstehliche Macht. Hoffentlich besinnen sich die Japaner und bleiben bei ihrer kleidsamen Tracht, dem Kimono, einer Art Schlafrock für Männer und Frauen, weit, bequem, malerisch, über der Hüfte mit einem Gürtel zusammengehalten, der bei Männern schmal, bei Frauen dagegen oft sehr breit und von kostbarster Seide ist. Die Schuhe sind bei trockenem Wetter einfache Strohsandalen, bei Regen- wetter kleine Brettchen mit Klötzchen darunter, so daß man trockenen Fußes durch den tiefsten Schmutz gehen oder vielmehr tippeln kann, was bei Frauen, wenn sie es hübsch machen, sehr anmutig aussehen kann. Überhaupt zeichnen sich die Frauen durch niedliche, anmutige Bewegungen aus. Wenn es also wahr ist, daß die Frauenschönheit hauptsächlich in Anmut, Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit besieht, dann kann man die japanischen Frauen mit. Fug und Recht schön nennen. Besondere Sorgfalt verwenden sie aus die Haartracht. Die stellt einen überaus künstlichen Bau dar, durch Einflechten von Pferdehaaren in Gestalt und Schöne gebracht. Viele Stunden werden auf den Kopf- putz verwandt. Daher kann er nicht jeden Tag neu hergestellt werden, sondern muß mindestens eine Woche halten. Es dürfen also die so Frisierten ihren Kopf zum Schlafen nicht bequem auf ein Kiffen legen; sie haben nur eine Makura, ein Ding wie einen kleinen Kasten, der als Stütze unter das Genick geschoben wird, so daß der ganze Kopf frei in der Luft schwebt. Höchst unbequem; aber was legt sich der Mensch nicht alles für Lasten auf der lieben Eitelkeit zuliebe. — Nichts geht dem Japaner wie der Japanerin über die Reinlichkeit. Waschen und baden, täglich einmal, auch mehrmal heiß, so heiß wie möglich baden, das gehört ihnen zu den notwendigsten Lebensbedürfnissen. 6. In Japan gibt es kein kinderloses Haus. Bekommt eine Frau keine Kinder, so kann sich der Mann von ihr scheiden und eine andere Kappey u. Koch, Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. V. 26

3. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 409

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
409 bedeckte, dann füllen Freude und Stolz seine Brust und spornen ihn an zu neuer Tätigkeit. Karl Kaerger. 241. Amerikanische „Wolkenkratzer". (Gekürzt.) 1. Echt amerikanisch ist die Sache, die man unter Sky Scrapers versteht, ebenso wie der Name, den man ihr in verschiedenen Groß- städten der Vereinigten Staaten, vor allem aber in Neuyork, gegeben hat. Wer zum erstenmal eines dieser Mammutgebäude erblickt, fühlt sich vor Erstaunen an den Platz gefesselt, auf dem er gerade steht, und wo sie sich gleich zu Dutzenden finden, um einen größeren Raum einzuschließen, bringen sie unsere Vorstellungen vom Raum und dessen Ausnützung ganz in Un- ordnung. Es handelt sich um Häuser, deren Fundament so tief in die Erde gesenkt ist, wie unsere gewöhnlichen Wohnhäuser hoch sind, und deren Stockwerke bis zu einem Punkt emporwachsen, den die Spaziergänger in Europa höchstens dann ins Auge fassen, wenn sie am Tage die Sonne, am Abend den Mond und die Sterne betrachten. Häuser dieser.art machen den Amerikanern Freude, weil sie etwas Verblüffendes haben und dem Fremden ein langgezogenes „Ah!" der Verwunderung entlocken. Allerdings sind die „Wolkenkratzer" keine Spielerei der Architekten, sondern eine Sache, die sich aus dem Zwang der Verhältnisse mit Notwendigkeit ergeben hat. 2. Neuyork liegt auf einer Insel und wird von der Sorge beherrscht, wie man die ungeheure Menschenmenge, die hier von allen Enden der Welt zusammenströmt, erträglich unterbringen soll. Grund und Boden haben eine schwindelhafte Preishöhe erreicht, und dieser Bewegung ist kein Halt zu gebieten. Da man sich in der Breite nicht weiter ausdehnen konnte, mußte man es mit der Höhe versuchen und zu den Wolken hinan- streben, um den entsprechenden Gewinst für das Anlagekapital zu erzielen. Damit hängt die unglaubliche Vaulust zusammen, die in Neuyork jedem Fremden sofort in die Augen fällt, überall riesige Lücken und Einschachte- lungen in den Häuserreihen entstehen läßt und die Empfindung hervorruft, daß die Stadt eigentlich niemals fertig werden könne, wenn die Strömung zum unerhört Langen, Breiten und Hohen anhält. Man wartet dabei durchaus nicht, bis ein Gebäude morsch und altersschwach geworden ist, um ein neues an seine Stelle zu setzen. Es muß einfach deshalb von der Erde verschwinden, weil es im Verhältnis zu dem steigenden Wert des Bodens nicht mehr genug einbringt. Wer fünfzig Jahre in Neuyork lebt, hat es beobachten können, wie an zahllosen Stellen zuerst ein drei- stöckiges Haus stand und einem sechsstöckigen Platz machte, und wie dieses dann wieder einem neun oder zwölfstöckigen weichen mußte. Bisher hat sich die Baupolizei um diese Himmelstreberei nicht gekümmert und die

4. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 345

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
345 fuhr mein Begleiter fort, „gleich beim ersten Besuche Göttingens auf- gefallen. Die Ankündigung hinter den Fenstern ,Wohnung für Studie- rende zu vermieten^ die marmornen Gedenktafeln für berühmte Männer an so manchen Häusern, die große Zahl der in allen Stadtteilen sich findenden Universitätsinstitute, die Studenten, die mir überall begegneten, das alles zeigte mir auf den ersten Blick, wo ich mich befand. Besonders stark und geradezu erhebend war dieser Eindruck, als ich vom Bahnhöfe aus durch die Allee in die Stadt eintrat. ,Jakob und Wilhelm Grimnll las ich da an einem Hause, ,Goethck an einem andern. Durch die Fenster der Universitätsbibliothek schimmerten die weißen Büsten berühmter Männer; am gegenüberliegenden Gebäude stand die Inschrift: Erster elektrischer Telegraph. Gauß. Weber. 1833h und weiterhin las ich an einem Hause Namen von königlichem Klange. Als ich nun dachte, daß alle jene Männer schon durch diese Straßen gewandelt, da war mir's, als ob ich heiliges Land beträte." „So ist mir's auch gegangen," mußte ich unwillkürlich hinzufügen, „und so wird es jedem gehen, der nicht blind und gedankenlos durch diese Straßen geht. Übrigens hat man diesen Eindruck, wie du richtig bemerktest, fast überall in der Stadt. Mag man an den Gedenktafeln lesen ,Bismarckh ,Hardenbergh ^Freiherr vom Steüll oder ,Bürgerh ,Voßh ,Höltyh oder die Namen der vielen Männer von höchster wissenschaftlicher Bedeutung, mag man ihre Denkmäler aufsuchen, oder mag man am Auditorienhause, an der Aula, an der Anatomie, an den Kliniken, am chemischen Laboratorium oder an den andern zwanzig und mehr Universitätsinstituten vorübergehen — immer wieder und überall drängt sich's einem auf: Göttingen ist Universitätsstadt. Ob wir den Professor an seinem Schreibtisch inmitten hoher Bücherregale aufsuchen, ob den fleißigen Studenten bei der Arbeits- lampe in seiner einfachen ,Budeh ob wir beide in den Hörsaal begleiten, oder ob wir sie im Lesesaal der Bibliothek eifrig forschen sehen in Hand- büchern, Handschriften und großen Folianten — überall derselbe Eindruck: Güttingen ist Universitätsstadt, ist die Stadt des Geistes und der geistigen Arbeit. Rüstkammer aber und Magazin für all die Geistesarbeit ist die Universitätsbibliothek mit ihrem Vorrat von einer halben Million Büchern. Saal an Saal stehen sie, durch zwei und drei Stockwerke hindurch, selbst die alte geräumige Klosterkirche der Pauliner ist voll von Büchern bis hoch hinaus unter die gewölbte Decke. Wohlgeordnet stehen sie da in Reihe und Glied, getrennt nach Fakultäten oder Wissenschaftsgebieten, nach Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie, bei letzterer wieder nach ihren Einzelfächern, nämlich Geschichte, Sprachwissenschaft, Naturwissenschaft, Geographie u. a. Welche unmeßbare Summe geistiger Arbeit steckt doch in diesen Räumen! Keine andere deutsche Stadt, außer Berlin, hat einen solchen Schatz an Büchern und Schriftwerken auszuweisen."

5. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 511

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
511 hoffen, den wohltätigen Zweck zu erreichen. Man muß also einen Aufruf erlassen und eine Bitte richten an jedermann, in allen Län- dern, jedes Rangs, jeder Stellung, an Männer wie Frauen, an die Prinzessin wie an die arme Witwe, an alle, welche noch ein Herz für ihren Nächsten haben. Wenn dann Hochgestellte zusammentreten, so sollen sie einen internationalen Grundsatz aufstellen und durch einen Vertrag völkerrechtlich heiligen, und zu seiner Ausführung sollen sich in allen Ländern Europas Vereine zur Hilfe für die Verwundeten bilden. Die Menschlichkeit wie die Gesittung verlangen gebieterisch ein solches Werk." 4. Diese geflügelten Worte gingen gedruckt in alle Welt und trafen fast überall auf Zustimmung. Dunant aber konnte sich nicht allein auf sie verlassen, sondern wirkte, getragen von fester Über- zeugung und unterstützt durch die Redlichkeit und Liebenswürdigkeit seines Charakters und seines ganzen Wesens, schriftlich, persönlich, bittend, erläuternd, überzeugend in Paris, Berlin, Turin, wo er irgend- wie ein Eingehen auf seine Pläne erhoffen konnte. Der beste Weg schien die Berufung einer internationalen Konferenz aus Teilnehmern aller Länder. Am 1. September 1863 ging die Einladung in alle Welt, und am 26. Oktober schon fanden sich in Genf 36 Männer zu- sammen, bereit, den großen Gedanken zu beraten. Die Konferenz einigte sich nach viertägigen bewegten Beratungen zu einer Reihe von Beschlüssen, in zehn Artikeln niedergelegt. In jedem Lande sollen sich Vereine bilden, je mehr, desto besser, die ihre Verzweigungen unter- einander haben. In Friedenszeiten bereiten sie die Mittel vor, um im Kriege wirklich nützen zu können, sie rüsten jede Art von Hilfs- gegenständen und bilden freiwillige Krankenwärter aus; im Kriege aber setzen sie, in Übereinstimmung mit ihrer Regierung und der Militärbehörde diese Mittel in Tätigkeit, unterstützen die Armee mit ihren Hilfsquellen, geben ans eigene Kosten Wärter und Wärterinnen für Verwundete und Kranke ab, stellen Räumlichkeiten und Aus- rüstungen her zu ihrer Verpflegung, senden ihre Freiwilligen aufs Schlachtfeld den Verwundeten zur Hilfe. Als gemeinschaftliches Zeichen für die Vereine und ihre Mannschaft gilt eine weiße Armbinde mit rotem Kreuze. Infolge dieser Beschlüsse bedeckte sich Europa in allen zivilisierten Ländern mit einem Netze von Vereinen, die alsbald im Jahre 1864 sich organisierten und ihre Tätigkeit begannen. 8. Den Vereinen vom Roten Kreuz sollte bald von den Staaten die tatkräftigste Unterstützung werden. Am 8. August 1864 traten in Gens die Bevollmächtigten von 16 Regierungen zusammen und gingen ans Werk, um feierlich einen Grundsatz der Humanität dem Völker- rechte einzuverleiben, nämlich die Neutralität der Verwundeten im

6. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 439

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
439 Brüder auch für die seltenen Tage eines Gastmahls und für den Tisch ihres Abtes gute Dinge zu bereiten, Kochkunst und Pflege des Weins wurden mit derselben kleinlichen Sorgfalt geübt, die alle Tätig- keit der alten Klöster bezeichnet. Aber auch höherem Künstlertalent bot die heilige Genossenschaft den sichersten Schutz, Maler und Bau- künstler erlangten am leichtesten als Mönche Ruf, sie wurden zur Ausübung ihrer Kunst auch aus dem Kloster versendet und arbeiteten bei Bischöfen und in Fürstenhäusern zu Ehren ihres Heiligen. 5. Die segensreichste Tätigkeit der Benediktiner aber war die Ein- richtung von Klosterschulen; überall waren die Angelsachsen als Lehrer tätig gewesen. Die Schule war stets eine zwiefache, eine innere und eine äußere. In der äußeren, der kanonischen, wurden die Söhne der Edlen und Freien aus der Umgegend in einer Pension unter strenger Zucht gehalten, die Schüler der inneren trugen die dunkle Mönchskutte und lebten in der Klausur unter dem Zwang der Klosterregel. Der weltliche Unterricht war Lesen, Schreiben und Rechnen, vor allem Latein, ein tüchtiger Lehrer hielt darauf, daß nicht nur in den Lehr- stunden, sondern auch sonst von den älteren Schülern nur Latein gesprochen wurde. Außerdem wurde noch manches andere gelehrt, was aus unseren Schulen geschwunden ist. Die Schüler lernten durch schnelles Zusammenlegen und Beugen der Finger Buchstaben, Worte und Zahlen in Zeichen ausdrücken. Als Verstandesübungen waren Rechenaufgaben und Rätselfragen beliebt, die noch heut' unser Volk unterhalten. Streng war die Schulzucht, viele Streiche wurden aus- geteilt, bisweilen die Fehler aufsummiert und zusammen an schwerem Streichtage auf die Rücken gemessen. In St. Gallen zündete im Jahre 937 an solchem Straftag ein Schüler, um den Schlägen zu entgehen, die Schule an, die Flamme verbreitete sich und verzehrte einen Teil der Klostergebäude. Viele Mühe ward auf lateinische Verse verwandt; sie leicht und schön, wie der Zeitgeschmack war, zu verfertigen, galt für die rühmlichste weltliche Leistung des Gelehrten. Wie die letzten römischen Dichter lateinische Lobgedichte auf ihre Gönner unter Franken und Goten gemacht hatten, feierten jetzt auch fromme Mönche die Beschützer ihres Klosters durch Gedichte in Hexametern oder Distichen. Die Verse waren ein feines Mittel, sich Vornehmen zu empfehlen, von diesen Geschenke und unter den Brüdern Ansehen zu erwerben. 6. Zu den Pflichten der Benediktiner gehörte das Abschreiben alter Handschriften, und wir haben Ursache, mit innigem Dank auf diese emsige Tätigkeit zu blicken, denn ihr verdanken wir fast unsere gesamte Kunde des Altertums. In seiner Klosterzelle saß der Schön- schreiber der Abtei, glättete und liniierte sein Pergament, schrieb un-

7. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 466

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
466 fünften bis zwölften Jahre im Winter täglich, im Sommer ein- oder zweimal in der Woche zur Schule zu schicken. Kein Kind sollte zum Konfirmandenunterricht zugelassen werden, das nicht wenigstens lesen und schreiben könne. Unbekümmert um den Widerspruch, den er dabei erfuhr, trug er auch in diesem Falle kein Bedenken, seinen Willen mit Gewalt durchzusetzen. Als die preußische Regierung allerhand Einwände gegen den Schulzwang erhob, schrieb er an den Rand ihrer Eingabe: „Dieses ist nichts; denn die Regierung will das arme Volk in Barbarei erhalten. Denn wenn ich baue und verbessere das Land und mache keine Christen, so hilft mir alles nichts.“ Der König beschränkte sich aber nicht darauf, die Einrichtungen von Schulen anzuordnen, sondern bei aller seiner sonstigen Sparsamkeit spendete er freigebig für dieselben die größten Summen. Für jeden Schulhausbau bewilligte er freies Bauholz und einen Morgen Land, sowie freies Brennholz für die Heizung der Schulzimmer. Unter seiner Regierung sind über 2000 neue Schulen errichtet worden; in Ostpreußen und Litauen, wo das Volk ganz besonders noch in tiefster Unwissenheit und Roheit dahin lebte, verdanken allein 1160 Dorf- schulen der Fürsorge des Königs ihre Entstehung. Nach Bernhard Rogge. 261. Aus Friedrichs des Großen Weisungen an den Grafen Finkenstein. Berlin, den 10. Januar 1757. In der entscheidenden Lage, in der sich unsere Verhältnisse befinden, muß ich Ihnen meine Weisungen geben, damit Sie in allen Unglücksfällen, welche sich möglicherweise ereignen, ermächtigt sind zu Schritten, welche getan werden müssen. Sollte ich getötet werden, so sollen die Dinge ihren Fortgang nehmen ohne die geringste Veränderung und ohne daß man merke, daß sie in andern Händen seien, und in diesem Falle soll man ebenso hier wie in Preußen und besonders in Schlesien Eidesleistung und Huldigung be- schleunigen. Wenn ich das Unglück haben sollte, in die Hände des Feindes zu fallen, fo verbiete ich, daß man auf meine Person auch die geringste Rücksicht nehme oder demjenigen die geringste Bedeutung beilege, was ich aus meiner Gefangenschaft schreiben könnte. Wenn mich ein solches Un- glück träfe, so will ich mich für den Staat opfern, und man soll meinem Bruder gehorchen, welcher ebenso wie alle meine Minister und Generale mir mit seinem Kopfe dafür haften wird, daß man weder eine Provinz noch einen Heller für mich opfern und den Krieg mit Verfolgung der eigenen Vorteile fortsetzen wird, ganz als wenn ich niemals auf der Welt existiert hätte.

8. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 25

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
25 fehlt. Du hast zu wenig Philosophie und arbeitest viel zu leichtsinnig. Um die Zuschauer so lachen zu machen, daß sie nicht zugleich über uns lachen, muß man auf seiner Studierstube lange sehr ernsthaft gewesen sein. Man muß nie schreiben, was einem zuerst in den Kopf kommt. Deine Sprache selbst zeugt von Deiner Ruschelei. Auf allen Seiten sind grammatische Fehler, und korrekt, eigen und neu ist fast keine einzige Rede. Ich nehme wiederum den „Wildfang" zum größten Teile aus. — Freilich muß ich Dir zum Troste sagen, daß Deine ersten Stücke immer so gut sind als meine ersten Stücke, und wenn Du Dir nur immer zu jedem neuen Stücke, wie ich es getan habe, vier bis sechs Jahre Zeit lässest, so kannst Du leicht etwas Besseres machen, als ich je gemacht habe oder machen werde. Aber wenn Du fortfährst, Stücke über Stücke zu schreiben, wenn Du Dich nicht dazwischen in andern Aufsätzen übst, um in Deinen Gedanken aufzuräumen und Deinem Ausdrucke Klarheit und Nettigkeit zu verschaffen, so spreche ich Dir es schlechterdings ab, es in diesem Fache zu etwas Besonderem zu bringen, und Dein hundertstes Stück wird kein Haar besser sein als Dein erstes. Nun genug gehofmeistert! Schreibe mir doch, lieber Bruder, was von meinen Bücherip noch vorrätig ist. Notiere mir die vorzüglichsten nur mit einem Worte auf, damit ich urteilen kann, ob es sich der Mühe verlohnt, sie hierher kommen und verauktionieren zu lassen. Ich muß alles zu Gelde machen, was ich noch habe, und auch so noch werde ich meine Reise nur kümmerlich bestreiten können.................. Gott mag helfen! Lebe wohl, und sei versichert, daß ich es recht gut mit Dir meinen muß, da ich so rund mit Deiner Eigenliebe zu Werke gehe. Dein treuer Bruder Gotthold. ^ Johann Gottfried von Herder. 224 13. Lied des Lebens. 1. Flüchtiger als Wind und Welle flieht die Zeit, was hält sie auf? Sie genießen auf der Stelle, sie ergreifen schnell im Laus, das, ihr Brüder, hält ihr Schweden, hält den Lauf der Tage ein. Schneller Gang ist unser Leben: Laßt uns Rosen auf ihn streun. 2. Rosen, denn die Tage sinken in des Winters Nebelmeer, Rosen, denn sie blühn und blinken links und rechts noch um uns her. Rosen stehn auf jedem Zweige jeder schönen Jugendtat. Wohl ihm, der bis auf die Neige rein gelebt sein Leben hat!

9. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 36

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
36 so kommt man oft in den Fall, dasjenige, was wir von andern ge- hört, mit dem zu verwechseln, was wir wirklich aus eigner an- schauender Erfahrung besitzen. Ohne also hierüber eine genaue Untersuchung anzustellen, welche ohnehin zu nichts führen kann, bin ich mir bewußt, daß wir in einem alten Hause wohnten, welches eigentlich aus zwei durchgebrochenen Häusern bestand. Eine turm- artige Treppe führte zu unzusammenhängenden Zimmern, und die Ungleichheit der Stockwerke war durch Stufen ausgeglichen. Für uns Kinder, eine jüngere Schwester und mich, war die untere weit- läufige Hausflur der liebste Raum, welche neben der Tür ein großes hölzernes Gitterwerk hatte, wodurch man unmittelbar mit der Straße und der freien Luft in Verbindung kam. Einen solchen Vogelbauer, mit dem viele Häuser versehen waren, nannte man ein Geräms. Die Frauen saßen darin, um zu nähen und zu stricken; die Köchin las ihren Salat; die Nachbarinnen besprachen sich von daher miteinander, und die Straßen gewannen dadurch in der guten Jahreszeit ein südliches Ansehen. Man fühlte sich frei, indem man mit dem Öffentlichen vertraut war. So kamen auch durch diese Gerämse die Kinder mit den Nachbarn in Verbindung, und mich gewannen drei gegenüber- wohnende Brüder von Ochsenstein, hinterlassene Söhne des ver- storbenen Schultheißen, gar lieb und beschäftigten und neckten sich mit mir auf mancherlei Weise. 2. Die Meinigen erzählten gern allerlei Eulenspiegeleien, zu denen mich jene sonst ernsten und einsamen Männer angereizt. Ich führe nur einen von diesen Streichen an. Es war eben Topfmarkt gewesen, und man hatte nicht allein die Küche für die nächste Zeit mit solchen Waren versorgt, sondern auch uns Kindern dergleichen Geschirr im kleinen zu spielender Beschäftigung eingekauft. An einem schönen Nachmittag, da alles ruhig im Hause war, trieb ich im Geräms mit meinen Schüsseln und Töpfen mein Wesen, und da weiter nichts dabei herauskommen wollte, warf ich ein Geschirr auf die Straße und freute mich, daß es so lustig zerbrach. Die von Ochsenstein, welche sahen, wie ich mich daran ergötzte, daß ich so- gar fröhlich in die Händchen patschte, riefen: „Noch mehr!“ Ich säumte nicht, sogleich einen Topf und auf immer fortwährendes Rufen: „Noch mehr!“ nach und nach sämtliche Schüsselchen, Tiegel- chen, Kännchen gegen das Pflaster zu schleudern. Meine Nachbarn fuhren fort, ihren Beifall zu bezeigen, und ich war höchlich froh, ihnen Vergnügen zu machen. Mein Vorrat aber war aufgezehrt, und sie riefen immer: „Noch mehr!“ Ich eilte daher stracks in die Küche und holte die irdenen Teller, welche nun freilich im Zer- brechen noch ein lustigeres Schauspiel gaben. Und so lief ich hin

10. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 39

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
39 9. Die kleine Bühne mit ihrem stummen Personal, die man uns anfangs nur vorgezeigt hatte, nachher aber zu eigner Übung und dramatischer Belebung übergab, mußte uns Kindern um so viel werter sein, als es das letzte Vermächtnis unserer guten Großmutter war, die bald darauf durch zunehmende Krankheit unsern Augen erst entzogen und dann für immer durch den Tod entrissen wurde. Ihr Abscheiden war für die Familie von desto größerer Bedeutung, als es eine völlige Veränderung in dem Zustande derselben nach sich zog. 10. Solange die Großmutter lebte, hatte mein Vater sich ge- hütet, nur das mindeste im Hause zu verändern oder zu erneuern; aber man wußte wohl, daß er sich zu einem Hauptbau vorbereitete, der nunmehr auch sogleich vorgenommen wurde. In Frankfurt, wie in mehrern alten Städten, hatte man bei Aufführung hölzerner Ge- bäude, um Platz zu gewinnen, sich erlaubt, nicht allein mit dem ersten, sondern auch mit den folgenden Stocken überzubauen, wo- durch denn freilich besonders enge Straßen etwas Düsteres und Ängstliches bekamen. Endlich ging ein Gesetz durch, daß, wer ein neues Haus von Grund auf baue, nur mit dem ersten Stock über das Fundament herausrücken dürfe, die übrigen aber senkrecht auf- führen müsse. Mein Vater, um den vorspringenden Kaum im zweiten Stock auch nicht aufzugeben, wenig bekümmert um äußeres architektonisches Ansehen und nur um innere gute und bequeme Einrichtung besorgt, bediente sich, wie schon mehrere vor ihm getan, der Ausflucht, die oberen Teile des Hauses zu unterstützen und von unten herauf einen nach dem andern wegzunehmen und das Neue gleichsam einzuschalten, so daß, wenn zuletzt gewissermaßen nichts von dem alten übrig blieb, der ganz neue Bau noch immer für eine Reparatur gelten konnte. Da nun also das Einreißen und Aufrichten allmählich geschah, so hatte mein Vater sich vorgenommen, nicht aus dem Hause zu weichen, um desto besser die Aufsicht zu führen und die Anleitung geben zu können; denn aufs Technische des Baues verstand er sich ganz gut; dabei wollte er aber auch seine Familie nicht von sich lassen. Diese neue Epoche war den Kindern sehr überraschend und sonderbar. Die Zimmer, in denen man sie oft enge genug gehalten und mit wenig erfreulichem Lernen und Arbeiten geängstigt, die Gänge, auf denen sie gespielt, die Wände, für deren Reinlichkeit und Erhaltung man sonst so sehr gesorgt, alles das vor der Hacke des Maurers, vor dem Beile des Zimmer- manns fallen zu sehen, und zwar von unten herauf, und indessen oben auf unterstützten Balken gleichsam in der Luft zu schweben und dabei immer noch zu einer gewissen Lektion, zu einer bestimmten
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